Das Missverständnis der "Live-Recherche": Wie wir die Fähigkeiten von KI überschätzen
Die Faszination für generative KI-Modelle wie ChatGPT oder Gemini führt oft zu einer fast mythischen Zuschreibung von Fähigkeiten. Wir geben eine komplexe Frage ein und erhalten eine kohärente Antwort, die aktuelles Wissen zu beinhalten scheint. Daraus leiten viele Unternehmer ab, die KI würde in Echtzeit das Web "lesen" oder "besuchen", ähnlich einem menschlichen Nutzer, der verschiedene Quellen prüft. Diese Annahme ist jedoch grundlegend falsch. Ein Großteil des Wissens dieser Systeme stammt aus ihren gigantischen, aber statischen Trainingsdatensätzen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit eingefroren wurden. Um Aktualität zu simulieren, nutzen moderne Systeme eine Brückentechnologie: Sie greifen auf Suchmaschinen-APIs zu. Sie "fragen" also Google oder Bing. Was der Nutzer als "Recherche" wahrnimmt, ist in Wahrheit eine Abfrage der bereits von der Suchmaschine indexierten und gefilterten Welt. Die KI selbst "surft" nicht von Link zu Link. Sie ist eine Interpretationsmaschine, kein Entdecker. Dieser Unterschied ist nicht trivial, er ist der Kern der neuen strategischen Herausforderung.
